Kolumne "Aus sicherer Quelle"

Investigativ. Sozial. Aktiv.

 

Hier werden politische Themen skandalisiert, schwerpunktmäßig aus Bergisch Gladbach und dem Rheinisch-Bergischen Kreis.

 

 

2020

Verdienstausfall-Entschädigung

und der angemessene Umgang mit einem beruflich erfolgreichen Kommunalpolitiker

 

Der Verdienstausfall allein für das Jahr 2019 liegt für die drei Mandatsträger der Fraktion „Die Linke mit Bürgerpartei GL“ mit knapp 54.000 Euro über zehnmal höher als die von der größten Fraktion des Stadtrats Bergisch Gladbach geltend gemachten Verdienstausfälle.

Wenn man bedenkt, dass (lt. KStA vom 09.07.2020) die zehnköpfige Fraktion inkl. Sachkundiger Bürger über 75.000 Euro an Verdienstausfall, Sitzungsgeld und Fahrtkostenerstattung erhält, dann macht das im Durchschnitt 7.500 Euro pro Kopf inkl. Sitzungsgeld und Fahrtkostenerstattung.

 

Auf den dreiköpfigen Fraktionsvorstand bzw. die drei Mandatsträger entfallen pro Kopf aber fast 18.000 Euro allein an Verdienstausfallentschädigung; Sitzungsgelder und Fahrtkostenerstattung kommen noch obendrauf, sodass die Entschädigungsleistungen für die Arbeit der Sachkundigen Bürger also weit unter dem Durchschnitt von 7.500 Euro liegen müssen.

Wenn das Fraktionsmitglied Frank Samirae, Vorsitzender der Bürgerpartei GL, nun gegenüber dem KStA erklärt (09.07.2020): „Wir wollen beruflich erfolgreiche Personen in unseren Reihen haben.“, dann wird beim Abgleich mit den Zahlen deutlich, dass er damit nicht die Sachkundigen Bürger meinen kann.

 

Soweit er für die von ihm gegründete Bürgerpartei GL spricht, kann er mit beruflich erfolgreichen Personen also nur sich selbst gemeint haben.

 

Der Großteil der knapp 54.000 Euro Verdienstausfallentschädigung für das Jahr 2019 wird offensichtlich von dem Gründer und Vorsitzenden der Bürgerpartei GL selbst beansprucht.

Eine erhellende Aussage des linken Fraktions-Vorsitzenden Thomas Klein fehlt hier allerdings noch. Und die Mandatsträgerin aus der Partei DIE LINKE. hat (auf der Wahlversammlung am 20.06.2020) auf Befragung über ihre Positionierung zum Thema „Transparenz der Mandatsträger gegenüber den Partei-Mitgliedern über die Verteilung der Verdienstausfall-Entschädigung“ erklärt, sie würde sich in dieser Angelegenheit an die Mehrheits-Meinung der Fraktion anpassen.

 

Man kann darüber streiten, wo man die Bürgerpartei GL politisch positioniert: in der bürgerlichen Mitte oder rechts davon. Aber es ist mit Werten linker Politik nicht vereinbar, kommunale Gelder der Bürgerinnen und Bürger für ehrenamtliche politische Tätigkeit in immenser Höhe in Anspruch zu nehmen, und die Fragen der Bürgerschaft damit abzuspeisen, dass man sich darauf bezieht, das sei alles legal und man brauche sich weder gegenüber Parteimitgliedern noch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern rechtfertigen.

Dass die Bürgerpartei GL ihrem Namen nicht gerecht wird, ist deren Angelegenheit.

 

Aber dass Mandatsträger und Mandatsträgerinnen der Partei DIE LINKE. solches Verhalten decken, ist mit den Grundsätzen des Erfurter Parteiprogramms der Partei DIE LINKE. unvereinbar:

 

„DIE LINKE steht für einen neuen Politikstil der Transparenz, des gesellschaftlichen Dialogs und der direkten Bürgerbeteiligung.“

Um zu diesem Politik-Stil zurückzukehren sehe ich nur zwei Möglichkeiten:

 

Die amtierenden linken Ratsmitglieder bzw. Mandatsträger müssen unverzüglich ihre abgerechneten Verdienstausfall-Entschädigungen – zunächst – parteiintern offenlegen.

 

Und die Fraktionsgemeinschaft mit der sogenannten „Bürgerpartei“ GL muss sofort beendet werden.

 

ViSdP: PETER TSCHORNY mobil: 0177-2852529, tschorny-prax@gmx.de     

 

 

2019

Untätigkeit des Jobcenter provoziert Obdachlosigkeit und Ausbildungsabbruch

 

Einer Migrantin, die sich in einer von der Agentur für Arbeit geförderten Ausbildung befindet, wurden vom Jobcenter Rhein Berg in Kürten über Monate Leistungen verweigert. Dabei nahm das Jobcenter eine drohende Obdachlosigkeit der Mutter und ihrer zwei Töchter in Kauf.

 

Schon Anfang Juli 2018 hatte die Frau, die mit ihren Kindern noch in einer Flüchtlingsunterkunft wohnte, den Antrag auf Jobcenter-Leistungen gestellt. Sicherheitshalber hatte sie die Leistungen auch direkt als Vorschuss beantragt. Der Umzug und die Anmietung einer angemessenen Wohnung zum 1. November waren vom Jobcenter akzeptiert. Ihre Mitwirkungspflichten hatte sie nachweislich bis Anfang November erfüllt; dazu gehörte u.a. auch der eingereichte Mietvertrag.

 

Anfang Dezember berichtete die Frau ihrem Sozialarbeiter, dass das Jobcenter für die neue Wohnung bisher weder die Kaution noch das Geld für die vor dem Umzug beantragte Erstausstattung der Wohnung überwiesen hatte. Aber existenzbedrohender war, dass das Jobcenter auch die Miete nicht zur Verfügung gestellt hatte; mietrechtlich war sie dadurch mit ihren beiden Kindern von Kündigung und Obdachlosigkeit bedroht. Der Vermieter hatte gegenüber der Frau bereits die bevorstehende Kündigung angekündigt.

 

Da nachgewiesen war, dass die Ansprüche dem Grunde nach bestehen, hätten die beantragten Leistungen im Rahmen des beantragten Vorschusses längst zur Verfügung stehen müssen.

 

Die Geschäftsführung sagte gegenüber dem Sozialarbeiter Ende Dezember telefonisch zu, die Angelegenheit mit der zuständigen Teamleiterin zu besprechen. Dennoch gab es keine Rückmeldung des Jobcenters, weder an die Leistungsberechtigte noch an ihren Sozialarbeiter.

 

In ihrer Not hatte die Frau sich mit einem privaten Darlehen geholfen, um damit die Mietkündigung abzuwenden und die nötigste Erstausstattung für die Wohnung anzuschaffen. Doch das führte zu weiteren Schwierigkeiten mit dem Jobcenter, das jetzt davon ausging, dass kein Bedarf auf Erstausstattung mehr besteht und die Zahlung des Darlehens als voll anrechenbares Einkommen behandeln wollte.

 

Anfang Januar 2019 bat der Sozialarbeiter um Rückmeldung zur Terminierung eines klärenden Gesprächs. Die Frau wünschte seine Mitwirkung als Beistand in dem Verfahren (§ 13 SGB X). Es erfolgte auch diesmal keine Reaktion.

 

Die Frau trug ihr Anliegen in der Bürgersprechstunde vor, die regelmäßig von der Fraktion DIE LINKE. im Kreishaus angeboten wird. Der anwesende Sachkundige Bürger gab der Geschäftsführung des Jobcenters Gelegenheit zur Stellungnahme zum Sachverhalt.

 

Anfang Februar räumt die Geschäftsführung des Jobcenter gegenüber dem Sachkundigen Bürger ein, dass ein Bescheid über Zahlungseinstellung wegen behaupteter fehlender Mitwirkung unverhältnismäßig gewesen sei und zu Unrecht erfolgte, bedauert die verursachte hohe Verunsicherung der Frau bzgl. ihrer finanziellen Situation und entschuldigt sich für die verzögerte Bearbeitung. Warum der nachweislich am 08.11.18 eingereichte Mietvertrag nicht rechtzeitig in der Akte vorgelegen hätte werde noch geklärt.

 

Für eine allein erziehende Mutter mit Migrationshintergrund, die neben ihrer Berufsausbildung zwei Kinder versorgt, sind solche Entschuldigungen angesichts der erzeugten Existenzängste nur ein billiger Trost.

 

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jobcenter, die nicht darauf hinwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält und sicherstellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden, verstoßen damit nicht nur gegen geltendes Recht (§ 17 SGB I und § 2 SGB I), sondern sie schädigen die Allgemeinheit, wenn es durch solche Rechtsverstöße zu einem Ausbildungsabbruch oder zu Obdachlosigkeit mit allen persönlichen und finanziellen Folgen kommt, oder möglicherweise zu Kosten eines vermeidbaren Sozialgerichtsprozesses.

 

 

2018

Früher war ich auch mal links

 

Oft habe ich solche Aussagen von Menschen meinen Alters gehört, während ich selbst mit zunehmendem Alter umso überzeugter bin von den Zielen einer gerechteren Welt.
Was ist denn bei meinem Reifungsprozess schief gelaufen, dass ich meiner Utopie treu geblieben bin?
Eine realpolitische Weisheit besagt: "Wer mit 20 Jahren nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren noch ist, hat kein Hirn."
Also bin ich wohl ein unvernünftiger Träumer und Sozialromantiker, der sein Helfersyndrom noch immer nicht überwunden hat!? Die Diagnose ist gesichert: Ich bin nicht ganz normal.

Aber dagegen kann man etwas unternehmen:
Eine bekannte Bausparkasse hilft gerne dabei, den Spießer in sich zu entdecken.
Ein alter Freund hat diese Entdeckung gemacht. Früher sagte er immer: „Wenn Du von einer Bank Geld leihst, dann bist Du ihr Sklave. Du musst Deinem Arbeitgeber die Stiefel lecken, um Deinen Job nicht zu verlieren. Denn Du brauchst das Geld, um Deinen Kredit zurückzuzahlen. Du bist nicht mehr frei.“
Was war passiert? Frau und Kinder. Die brauchen schließlich ihr Zimmer und einen Garten zum spielen. Man will ja selbst auch mal in der Sonne sitzen oder mit Freunden grillen. Wer will schon in einem sozialen Brennpunkt wohnen, wo der Nachwuchs mit den Schmuddelkindern spielt?
Außerdem sorgt die feste Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst für die entsprechende Kreditwürdigkeit. Da wird man leicht zum Bauherrn.
„Ein Mann muss drei Dinge im Leben tun: Ein Haus bauen, ein Kind zeugen und einen Baum pflanzen.“ Allerdings: Wer ein Häuschen abzahlen muss, der plant keine Revolution.

Ich könnte auf das Haus verzichten, dafür würde ich lieber ein Buch schreiben.
Wie Aldous Huxley. Der wusste schon: „Die perfekte Diktatur wird den Anschein einer Demokratie machen, einem Gefängnis ohne Mauern, in dem die Gefangenen nicht einmal davon träumen auszubrechen. Es ist ein System der Sklaverei, bei dem die Sklaven dank Konsum und Unterhaltung ihre Liebe zur Sklaverei entwickeln.“

Als Jugendlicher hatte ich mir vorgenommen: ich will nicht so werden wie die Erwachsenen. Diesen normalen Wahnsinn will ich nicht mitmachen.

Und wenn ich mir heute das Leben der Erwachsenen ansehe, die auch einmal Träume hatten und jetzt nur noch wehmütig aber geringschätzig sagen: früher war ich auch mal links, dann denke ich mir: Ich habe einen Traum (Martin Luther King): Imagine ... no need for greed or hunger ... all the people sharing all the world! (John Lennon) 
Ich bereue nicht, dass ich meinen Idealen treu geblieben bin. Manchmal komme ich mir vor, wie ein linkes Fossil. Aber ich bin überzeugt: Wer keinen Mut hat zu träumen, hat auch keine Kraft zu leben.
"Venceremos!" 

 

 

2017

Institutioneller Rassismus in einer rheinisch bergischen Kommune?

 

Was der Genosse in der Bürgersprechstunde der Kreistagsfraktion zu hören bekam, ist selbst für linke Ohren unfassbar.

 

Erst erzählte die odenthaler Mutter von zwei Kindern, dass ihr Sohn, der bisher aufs Gymnasium ging, nun dort abgemeldet und auf der Realschule angemeldet sei. Das konnte sie sich nicht erklären. Sie hatte aber die Kopie eines Schreibens dabei, aus dem (nach allen Regeln der in Deutschland üblichen Textgestaltung) hervorging, dass sie diese Ummeldung gewünscht habe. Der Genosse erklärte der aus Afrika stammenden Frau die Bedeutung des Textes. Sie war schockiert als sie erkannte, dass sie etwas unterschrieben hatte, was sie so nicht wollte. Offensichtlich wurde dieses Schreiben für sie vorgefertigt und ihr zur Unterschrift vorgelegt. Außerdem berichtet sie übereinstimmend mit ihrem anwesenden Sohn, der sehr gut Deutsch spricht und beim Übersetzen hilft, dass ihr Sohn zeitweise vom Unterricht ausgeschlossen und allein in die Bibliothek geschickt wird. Die Begründung lautet, dass er an den Nebenfächern nicht teilnehmen könne, weil noch nicht geklärt sei, ob er aufs Gymnasium oder die Realschule gehe.

 

Eine weitere diskriminierende Erfahrung machte die Familie im Zusammenhang mit dem Bezug von Asylbewerberleistungen mit der Gemeindeverwaltung: die Sachbearbeiterin (der Name ist dem Autor bekannt) sagte zur Mutter, sie werde alles dafür tun, dass diese nicht in Deutschland bleiben könne und nach Afrika zurückgeschickt wird. Ein Schreiben des linken sachkundigen Bürgers (mit beigefügter Vollmacht) an die Gemeindeverwaltung bleibt unbeantwortet. So konnte auch die darin gestellte Frage nicht geklärt werden, warum die Familie über einen so langen Zeitraum die niedrigen Asylbewerberleistungen erhält und noch nicht Grundsicherung nach SGB II oder SGB XII erhält.

 

Statt das sich die Verwaltung zusammen mit der Linken an einer Klärung der Sachverhalte beteiligt, wird die Frau von ihrer Sachbearbeiterin dafür gemaßregelt, einem „wildfremden Mann“ ihre Angelegenheiten anzuvertrauen: „So was macht mich böse, ganz doll böse!“ Weiter sagt die Sachbearbeiterin des Sozialamtes zu der Frau aus Nigeria: „Wenn das das ist was Sie wollen, dann brauche ich nicht mehr länger mit Ihnen zu reden. Wenn Sie diesen Weg gehen wollen, dann helfe ich Ihnen nicht mehr!“

 

Zwei Wochen nach dem ersten Schreiben folgt ein Schreiben an den Bürgermeister. Auch er reagiert nicht. Da der Bürgermeister nicht zur Aufklärung der Angelegenheit beiträgt, sind die Vorwürfe also bisher nicht entkräftet. Wenn sie sich bewahrheiten, ist das ein schwerer Fall von institutionellem Rassismus. DIE LINKE. hat der Bürgerin empfohlen Strafanzeige zu stellen.

 

 

 

 

Zur Kommunikation der Verwaltung mit der Bürgerschaft in Berg. Gladbach

 

am Beispiel der Bürgerbeteiligung zum Flächennutzungsplan

 

In diesem Artikel geht es nicht um eine inhaltliche Kritik am Entwurf des Flächennutzungsplans (FNP-E). Der Verwaltung liegen bereits tausende solcher Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern vor. Es geht mir darum, aufzuzeigen, wie die Verwaltung bei der öffentlichen Diskussion des FNP-E mit den Bürgerinnen und Bürgern von Bergisch Gladbach kommuniziert – und zwar auch schon im Vorfeld der Auswertung der Bürgereingaben. Wie gestaltet die Verwaltung die Bürgerbeteiligung?

 

Bei diesem „Wie?“ setzt meine Kritik an:

 

Bürgermeister und Verwaltung haben (mit Hilfe der Firma Post Welters) den Entwurf eines Flächennutzungsplans vorgelegt. Dieser unverbindliche Entwurf wurde veröffentlicht, um der Bürgerschaft (nach § 3 BauGB) Gelegenheit zu geben, sich durch Eingaben wie Kritik, Ideen und Vorschläge an der Flächenplanung zu beteiligen.

 

Allein schon aus kommunikationspsychologischen Gründen sollte die Auswertung der Bürgereingaben in dieser Phase definiert sein als weitgehend bewertungsfreies Ordnen und Strukturieren der Eingaben, das Ausgleichen von Informationsdefiziten – und das alles in einem Rahmen der Wertschätzung dafür, dass sich die Bürgerinnen und Bürger an der Planung beteiligen.

 

Wenn „Auswertung“ in dieser Phase der gemeinsamen Planung aber definiert wird als Bewertung oder gar Abwertung der berechtigten Äußerungen der Bürgerinnen und Bürger, was leider vielfach geschehen ist, dann führt das zu einem eskalierenden Konflikt zwischen Verwaltung und Bürgerschaft.

 

Daher sind während der Phase der Auseinandersetzung der Bürgerschaft mit dem Vorschlag der Verwaltung folgende bewertende (abwertende) Reaktionsweisen vonseiten der Verwaltung (oder auch der Politik) auf die Bürgereingaben für einen konstruktiven Dialog nicht förderlich:

 

Während der laufenden Bürgerbeteiligung weist der Stadtbaurat Kritik am FNP-E zurück (Bürgerportal 22.11.16), 

 

Er wirft den Bürgerinnen und Bürgern vor, sie  hätten den Plan nicht genau studiert und es fehle das Verständnis, was Ziele und Verfahren eines Flächennutzungsplans tatsächlich seien (Bürgerportal 25.11.16),

 

Informationen werden vorenthalten, z.B. werden Eingaben der Bürgerinnen und Bürger nicht veröffentlicht (ohne personenbezogene Daten), 

 

Bürger werden als eigennützig und nicht ausreichend kompetent betrachtet, ihnen wird unterstellt, nicht die Interessen des Allgemeinwohls zu vertreten, 

 

Bürgermeister und Verwaltung ergreifen einseitig Partei, z.B. unterstellen sie Bürgerinnen und Bürgern lediglich eigene Interessen bei den Eingaben, lassen aber Beiträge der Industrielobby unkommentiert,

 

Eine autoritäre Durchmarsch-Strategie (Kölner Stadtanzeiger 29.12.16, zit. in Bürgerportal 02.01.17) unter Führung unseres obersten Verwaltungsbeamten trägt sicher nicht zum sozialen Frieden in unserer Stadt bei. Vom Kölner Stadtanzeiger auf diese Durchmarsch-Strategie angesprochen antwortet der Bürgermeister, die Verwaltung habe ja  „… eine viel umfassendere Bürgerbeteiligung angeboten als gesetzlich verlangt. Wir hätten das auch auf kleinerer Flamme kochen können.“ (Polemisierend  klingt das so, als wenn Mama den Kindern droht: „Ich habe so viel für euch getan; und wie dankt ihr mir das?! Beim nächsten Mal gibt’s weniger!“)

 

 

Abgesehen davon, dass mündige Bürgerinnen und Bürger in einer demokratischen Stadtgesellschaft sich solche Behandlungsweisen nicht gefallen lassen müssen, sind diese Reaktionsweisen der Verwaltung einem Konsens zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft abträglich. Sie wirken wie die Schere im Kopf und unterbinden das kreative Potenzial unserer Bürgerinnen und Bürger. Sie hemmen die Motivation, sich weiter in den Dialog einzubringen. Als Kommunikationssperren rufen sie Widerstände hervor. Argumente und Gegenargumente schaukeln sich dann gegenseitig auf; Positionen verfestigen sich auf allen Seiten, wenn es keinen wertschätzenden dialogischen Austausch auf Augenhöhe gibt, bei dem die Bedürfnisse aller Beteiligten ernst genommen werden (wie es § 5, Abs. 1 BauGB vorsieht). So kommt es zwischen Verwaltung und Bürgerschaft zu einer „symmetrischen Eskalation“ (Begriff aus der systemischen Kommunikationspsychologie n. Paul Watzlawick). Anstatt ein Miteinander zu erreichen, entsteht ein Gegeneinander, bei dem am Ende tatsächlich jeder nur noch seine eigene Position gegen den anderen durchsetzen will, anstatt zum Wohle der ganzen Stadt zu kooperieren. 

 

Hier agiert die Verwaltung – bewusst oder unbewusst – mit Kommunikationssperren. 

 

„Gefordert ist also die Sprache der Akzeptanz, ein Feedback, das Verständnis für die vom Sprecher geäußerten Gedanken und Gefühle signalisiert.“ (Thomas Gordon: Die neue Beziehungskonferenz. Effektive Konfliktbewältigung …“, München, 2. Auflage 2002, S. 70). 

 

Wenn die Planung der Flächennutzung und im Weiteren die Stadtplanung zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft demokratisch und auf gleicher Augenhöhe diskutiert werden soll, bedarf es geeigneter kommunikativer Instrumentarien. Hier fehlt ein Prozessmanagement, das auch kommunikationspsychologische Aspekte im Prozess der Bürgerbeteiligung berücksichtigt.

 

Die Art und Weise der Entscheidungsfindung entscheidet schon heute darüber, wie die Menschen in dieser Stadt auch in Zukunft zusammenleben, und ob sie noch motiviert sein werden, Verantwortung zu übernehmen und sich für ihre Stadt zu engagieren.

 

 

2016

Behinderte Wohnungssuchende werden in Bergisch Gladbach billig abgespeist
 
Am 6. Juli wurde im Ausschuss für Anregungen u. Beschwerden unter Punkt 9 als Anliegen einer Bürgerin die „Schaffung von angemessenem barrierefreien Wohnraum für Familien mit Schwerbehinderten“ behandelt. 
Die als  Tischvorlage vorliegende Stellungnahme des Bürgermeisters beschäftigt sich über fast eine DIN A 4-Seite mit Belehrungen darüber, dass das Sozialamt nicht zuständig ist. 
Damit hat er das Thema der Petentin verfehlt. 
Die Mutter von 3 kleinen Kindern betreut einen nach Schlaganfall schwerbehinderten Mann, der im Haushalt auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Ohne eine barrierefreie Wohnung kann sie ihn nicht aus dem Pflegeheim holen und persönlich ambulant pflegen. 
Wörtlich beschwert sie sich darüber, „... dass nicht dafür gesorgt wurde, dass bezahlbarer barrierefreier Wohnraum für Familien mit mehr als zwei Kindern in Bergisch Gladbach vorhanden ist.“ 
Es geht der Beschwerdeführerin also nicht um Sozialhilfeansprüche, sondern um Inklusion und Bau von bezahlbarem Wohnraum für Familien.
Der Vertreter der Fraktion Die Linke mit Bürgerpartei GL forderte, die Stadt müsse mehr in die Schaffung von bezahlbarem barrierefreien Wohnraum investieren. Die Antwort der Verwaltung war, wie so oft, nichts weiter als Absichtserklärung und Lippenbekenntnis. 
Der Bürgermeister äußerte „für die persönliche Situation der Familie großes Verständnis ...“
Zusammenfassend bleibe aber festzustellen, „... dass die Verwaltung der Petentin bei der Lösung ihres Problems nur insoweit helfen kann, als dass ihr die Unterstützung der Abteilung Wohnungswesen zuteil wird. Sofern diese zu keinem Erfolg führt, ist sie auf Eigeninitiative angewiesen, wobei der Blick dann auch auf das entsprechende Wohnungsangebot in anderen Kommunen zu richten ist.“ 
Der Verweis von Familien mit behinderten Menschen auf das Wohnungsangebot in anderen Kommunen, wie in der Stellungnahme des Bürgermeisters, ist hinsichtlich Inklusion die Bankrotterklärung der Stadt. 
 

Jobcenter führt Beschlüsse des Sozialgerichts nicht aus

 

Ein Kunde des Jobcenters Rhein Berg musste über ein Jahr auf Leistungen warten, die ihm per Beschluss des Sozialgerichts Köln zustehen. Das ist ein klarer Verstoß gegen die sozialrechtliche Verpflichtung Leistungen "in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig" zur Verfügung zu stellen (Sozialgesetzbuch I, § 17).

 

Erst eine Beschwerde bei der Fachaufsicht führte endlich zu einer Änderung der fehlerhaften Bescheide.

 

Die fällige Nachzahlung von knapp 1.300 Euro erhielt er fast 14 Monate später.

 

Der Sachkundige Bürger Peter Tschorny, der bei der Linken regelmäßig Bürgersprechstunden abhält ist empört: "Wie kann eine deutsche Sozialbehörde einem Bürger, der am Existenzminimum lebt, das zumuten? Und was machen die von Hartz 4 Betroffenen, die sich mit ihren Rechten nicht auskennen und die Kosten einer Beratung fürchten? Sie sind der amtlichen Untätigkeit und Willkür ausgeliefert!"

 

Um hier Abhilfe zu schaffen, wird DIE LINKE. auch weiterhin gegen die menschenunwürdige Hartz 4-Gesetzgebung vorgehen und Bürger im Kampf für ihre Grundrechte unterstützen.

 

 

 

Zahlen zu traumatisierten Flüchtlingen

 

640 der in Bergisch Gladbach lebenden Asylbewerber und 20 Prozent der geflüchteten Kinder leiden an einer posttraumatischen Belastungsstörung

 

Auf eine seit mehreren Wochen vorliegende Anfrage der Linksfraktion zu den Zahlen traumatisierter Asylbewerber in Bergisch Gladbach konnte die Stadtverwaltung im Sozialausschuss vom 14. April keine Antwort geben. Solche Zahlen würden vom zuständigen Fachbereich nicht erhoben.

 

Nach einer Pressemitteilung der Bundespsychotherapeuten-Kammer vom 16. September 2015 leiden 40 bis 50 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Für Bergisch Gladbach bedeutet das bei einer Zahl von aktuell ca. 1.600 Asylbewerbern, dass nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation WHO (ICD-10 F43.1) bei mindestens 640 der bei uns lebenden Asylbewerber die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung gestellt werden müsste.

40 Prozent von ihnen hatten bereits Pläne, sich das Leben zu nehmen oder haben sogar schon versucht, sich zu töten.“ stellt die Bundespsychotherapeuten-Kammer fest. Das bedeutet, dass von den in unserer Stadt betroffenen Menschen 256 bereits Suizid-Pläne hatten oder gar einen Suizid versucht haben.

 

Die Pressemitteilung der Bundespsychotherapeuten-Kammer sagt weiter: „… bei Flüchtlingskindern in Deutschland sind Erkrankungen aufgrund traumatischer Erlebnisse besonders häufig. Jedes fünfte von ihnen ist an einer PTBS erkrankt. Das ist 15 Mal häufiger als bei Kindern, die in Deutschland geboren wurden.“

 

Wie viele Flüchtlingskinder leben in Bergisch Gladbach?

20 Prozent dieser Kinder leiden an einer posttraumatische Belastungsstörung!

 

Wie stellt sich das Sozialamt hinsichtlich der Erteilung von Behandlungsscheinen zu diesen Zahlen?

Welche Aktivitäten unternimmt das Jugendamt zum Wohle dieser Kinder?

 

„Die alleinige Behandlung mit Medikamenten ist …“ laut Bundespsychotherapeuten-Kammer „… nicht ausreichend und medizinisch in der Regel nicht zu verantworten. Nur rund vier Prozent der psychisch kranken Flüchtlinge erhalten jedoch eine Psychotherapie.“

 

Peter Tschorny, sachkundiger Bürger DIE LINKE. Fraktion Bergisch Gladbach fordert deshalb nochmals eine Versichertenkarte für Asylbewerber, welche nicht nur die Krankenkosten nach dem Asylbewerberleistungs-Gesetz bereit stellt, sondern auch psychotherapeutische Leistungen nach dem SGB V umfasst.

 

 

Ein persönliches Interview

 

Peter, müssen Helden und Vorbilder sein?

 

Menschen orientieren sich an Vorbildern. Aber Vorsicht: es ist wichtig, dass man über sein Vorbild hinausgeht, nicht alles kritiklos glorifiziert und irgendeinen Menschen zum Idol stilisiert. Selbst so hervorragende Menschen wie Ghandi, Che Guevara, Lenin u.v.a. hatten Seiten, die wir hinterfragen müssen. (Ghandi hat das Kastensystem fatalistisch akzeptiert; Che Guevara hat revolutionäre Hinrichtungskommandos angeordnet, Lenin wollte das Proletariat bewaffnen um die Bourgeoisie zu vernichten.) Wir brauchen neue Vorbilder, sollten aber nicht auf Idole oder Führungspersönlichkeiten warten, sondern selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Das wäre heldenhaft genug.

 

Was hat dich in letzter Zeit am meisten überrascht?

 

Dass eine Auschwitz-Überlebende (Eva Mozes Kor) ihren Peinigern vergeben kann – und die Empörung der Öffentlichkeit; ist Vergebung kein zentrales Thema im „christlichen Abendland“?

 

Was ist für dich links?

 

Links ist da wo mein Herz schlägt: für den Armen, für den Fremden, für den Schwachen …

 

Worin siehst du deine größte Stärke, deine größte Schwäche?

 

Ich habe Geduld, mich mit meinem persönlichen Urteil so lange zurückzuhalten bis ich auch konträre Sichtweisen verstanden und bedacht habe. Aber ich werde sehr ungehalten, wenn jemand auf seiner Meinung beharrt, ohne diese zu begründen.

 

Was war dein erster Berufswunsch?

 

Zugschaffner.

 

Wenn du Parteivorsitzender wärst…

 

Ich würde die kritische Frage nach der Notwendigkeit und Berechtigung von Hierarchie und den Umgang mit Macht in demokratischen Beziehungen als grundlegendes Thema linker Anliegen vorschlagen.

 

Was regt dich auf?

 

Ignoranz gegenüber dem Leiden von Menschen, Heuchelei, Engstirnigkeit und eine Politik der es in erster Linie um Stimmenfang geht.

 

Wovon träumst du?

 

Ich träume davon, dass sich immer mehr Menschen auf die Werte besinnen, die für uns alle essentiell sind, um diesen einzigartigen und wunderbaren Planeten noch einige Generationen lang zu bevölkern: das Leben, die Natur, die Menschen, die Liebe … und daraus ihr Handeln ableiten; eine andere Hoffnung gibt es nicht.

 

Wofür gibst du gerne Geld aus?

 

Bücher.

 

Möchtest du (manchmal) anders sein, als du bist?

 

Ich bin gerne ich, auch wenn das nicht immer leicht ist.

 

Vaterland, Mutterland, Deutschland – wie gerne lebst du hier?

 

Obwohl ich hier geboren bin, kenne ich das Gefühl fremd zu sein. Vielleicht wurde mir das von den Eltern in die Wiege gelegt, die aus Polen und Rumänien stammen. Mundart, Sitten und teilweise auch kulturelle Werte sind nie ganz ein Teil von mir geworden. Hier ist meine Heimat, aber zu Hause fühle ich mich bei den Menschen mit denen mich Liebe verbindet – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Weltanschauung.

 

Wann fühlst du dich gut?

 

In Worten von Adorno: „Geliebt wirst du einzig, wo du schwach dich zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren.“

 

Wen oder was würdest du mit auf eine Insel nehmen?

 

Meinen Kindern würde ich nicht zumuten, meinetwegen auf ihre sozialen Kontakte zu verzichten. Auf bestimmte Bücher würde ich ungern verzichten: die Bibel, das Tao Te King, Alexis Sorbas von Katzanzakis und Camus’ Der Mensch in der Revolte.

 

Welche Rolle spielen Kunst und Kultur in deinem Leben?

 

Mein Vater, der eine Zeitlang als Musiker seinen Lebensunterhalt verdienen mußte, hat weitgehend erfolglos versucht, mich dem musizieren nahezubringen. Aber die Liebe zum bewussten Musik hören ist mir geblieben. In jungen Jahren habe ich gerne gemalt.

 

Ich bewundere den virtuosen Umgang, den einige Kabarettisten und Literaten mit der Sprache pflegen. Texte von Nietzsche, Kafka und Rilke gehören für mich zur Hochkultur.

 

Wo lachst du besonders gerne?

 

Unter Menschen, denen ich auch meine Traurigkeit und meinen Ärger anvertrauen kann.

 

Wovor hast du Angst?

 

Vor schnellen und einfachen Antworten. Absolutistische Ideologien.

 

Welche Eigenschaften schätzt du an Menschen vor allem?

 

Die Fähigkeit einander ungeteilte Achtsamkeit zu schenken, und zuhören zu können, ohne sich schon innerlich mit der eigenen Erwiderung zu beschäftigen.

 

Wie lautet dein Lebensmotto?

 

„Der Zweck heiligt nicht die Mittel; sondern wir müssen die Art und Weise unseres (politischen) Handelns so wählen, dass sie unseren Zielen nicht widersprechen.“

 

(Dieses Interview erschien zuerst bei http://dielinke-gl.de/218-2/ )

 

 

2015

Fiktives Interview zur städtischen Haushaltssanierung

 

Journalist: Guten Tag Herr Bürger! Darf ich Sie zum städtischen Haushalt nach Ihrer Meinung fragen?

Bürger: Ja, gerne. Sonst fragt mich ja keiner.

Journalist: Da es ja auch um Ihr Geld geht, frage ich Sie dann mal: Nach welchen Prinzipien sollte Ihrer Meinung nach der Haushalt saniert werden?

Bürger: Zu aller erst muss sich die städtische Sorge darum, wie unsere Bürger hier ihr Leben fristen, an den Menschen orientieren, die am meisten benachteiligt sind. Nur dann können die Lebensbedingungen der Menschen in unserer Stadt gleichwertig gestaltet werden.

Journalist: Das klingt sehr theoretisch und programmatisch. Was bedeutet das für Sie?

Bürger: Der Haushalt muss sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite sozial-verträglich sein.

Journalist: Was würden Sie konkret vorschlagen, und welche strukturellen Reformen halten Sie für den Haushalt unserer Stadt für notwendig?

Bürger: Privatisierungen und diese Private Public Partnerships müssen vermieden werden. Energieversorgung, Wohnraum und andere Angelegenheiten der Lebensfristung und Daseinsvorsorge sichern die Grundbedürfnisse. Deshalb gehören sie, genauso wie Bildung, nicht in die Hände von privaten Investoren. Rekommunalisierungen von Energieversorgung und anderen Einrichtungen der Daseinsvorsorge sichern längerfristig die soziale und kulturelle Teilhabe von wirtschaftlich benachteiligten, wie Hartz 4-Empfänger, Senioren, kinderreiche Familien und Migranten. Und die Erträge von Immobilienbetrieb, Abwasserwerk und anderer eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen müssen der Allgemeinheit zugute kommen und nicht der Finanzierung von Pöstchen-Schacherei.

Journalist: Sehen Sie, so wie es die Linken tun, auch Enteignungen als probates Mittel an, wenn es um die Sicherung der Daseinsvorsorge geht?

Bürger: Auf dieses Thema haben die Linken doch keinen Alleinvertretungsanspruch. Es steht doch schon in unserem Grundgesetz, dass Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (GG Art. 14; Anmerkung d. Redaktion)

Zum Wohle der Allgemeinheit hielten also die Väter des Grundgesetzes eine Enteignung für zulässig. Wenn es z. B. um bezahlbaren Wohnraum für wirtschaftlich benachteiligte geht, sollten sich unsere Stadtverordneten mal darüber Gedanken machen. Der geplante Haushalt muss jedenfalls deutlich machen, dass wir auch materielle Verantwortung für die am meisten benachteiligten Mitbürger, wie z. B. Flüchtlinge und Obdachlose, übernehmen. Eine Umverteilung der Finanzen, die sich im städtischen Haushalt niederschlägt, das wäre doch mal was! Damit könnten wir zeigen, dass uns Kinder, Senioren, behinderte Menschen, Flüchtlinge und andere Bedürftige wirklich wichtig sind.

Journalist: Von den meisten Politikern hört man als Antwort auf solche sozialen Forderungen doch immer wieder den Einwurf: „Wir befinden uns mit unserem Haushalt im Haushaltssicherungskonzept. Wer soll das alles bezahlen?“

Bürgern: Ach hören Sie doch auf! Ich kann es nicht mehr hören. Das Geld ist ja nicht weg, es ist nur wo anders!

Journalist: Gutes Stichwort. Was sollte die Stadt denn nun tun, um das Geld, das irgendwie woanders hingelangt ist, zugunsten der Allgemeinheit sinnvoll zu verteilen?

Bürger: Eine moderate Anhebung der Gewerbesteuer halte ich für sozialverträglicher und wirksamer, als die Erhöhung der Grundsteuer – wegen der möglichen Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Und bei den möglichen Maßnahmen zur Ausgaben-Kürzung dürfen nicht immer wieder die sogenannten freiwilligen Leistungen in Frage gestellt werden, weil diese gerade die Teilhabe der wirtschaftlich benachteiligten Mitbürger erleichtern.

Journalist: Können Sie konkrete Prioritäten nennen?

Bürger: Leistungen für Jugend und Soziales sind nach meinem Verständnis vom Miteinander in unserer Stadt unantastbar. Stattdessen sollten Großinvestitionen, wie der sogenannte Wertstoffhof, das Mega-Bauprojekt Kreisverkehr, der Neubau der Stadtverwaltung und so weiter kritischer auf ihre Dringlichkeit hinterfragt werden; auch vorauseilenden Gehorsam gegenüber übergeordneten Richtlinien, wie z.B. beim Hochwasserschutz, können wir uns im Haushaltssicherungskonzept nicht leisten. Solche millionenschweren Maßnahmen dienen den bei der Auftragsvergabe begünstigten Unternehmen, aber nicht den Bürgern dieser Stadt. Kürzungen im kulturellen Bereich, kämen für mich nur da in Frage, wo Veranstaltungen überwiegend für Eliten angeboten werden, wie z.B. Villa Zanders und Theater. Findet die steigende Zuwanderungsrate durch Asylbewerber bei den Überlegungen zum Haushalt überhaupt ausreichend Berücksichtigung? Um Engpässe zu vermeiden, halte ich es für notwendig, Rücklagen für zunehmenden Bedarf an Wohnungen, Unterkünften und Betreuung für Flüchtlinge zu bilden, anstatt Millionen in weiteren Unterwasser-Tempeln zu versenken und sich einen prestigeträchtigen Verkehrskreisel zu leisten.

Journalist: Nun hört man hochrangige Beamte der Stadtverwaltung und sogar unsere Stadtverordneten immer wieder sagen, Haushaltsberatungen seien kein Wunschkonzert, und wünschen könne man sich vieles, aber es müsse auch finanzierbar sein. Was sagen Sie dazu?

Bürger: In einem Gespräch mit der Presse hat unser Kämmerer gesagt, in unserer Stadt gehe man nicht auf Konfrontation zwischen Rat und Verwaltung, sondern suche informell nach gangbaren Wegen. Das ist doch schäbbisch gläbbische Mundart für: „Die Bonzen der großen Koalition kungeln mit den höheren Beamten der Verwaltung unter Beteiligung der Grünen und unter Ausschluss kleinerer Fraktionen.“ Demokratische Einmischung durch alle Volksvertreter im Rat wird unterbunden, zugunsten der alteingesessenen Amigo-Politik.

Statt der gebetsmühlenartigen Wiederholungen von Politikern und Beamten nach dem ewiggestrigen Motto: „Wer soll das bezahlen?“, vermisse ich die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger bei der Aufstellung des Haushalts. Hier wäre mehr direkte Demokratie, nach dem Beispiel des Bürgerhaushalts, angesagt. Schließlich geht es auch um mein Geld und darum, was damit gemacht wird.

Journalist: Ihr Wort in des Bürgermeisters und des Kämmerers Ohr. Herr Bürger, ich danke Ihnen für das Gespräch.

 

ViSdP: Phrasendrescher


 

Tois 2. Weltkrieg

Gedanken zur Beendigung des Krieges

 

Wenn meine Freundin Toi mir erzählt, was sie im 2. Weltkrieg erlebt hat, muss ich oft schmunzeln. Denn so alt ist sie noch nicht. Ein Jahr vor Kriegsende ging ihre Mutter mit ihr zum Amt, um einen Pass zu beantragen. Dieser Tag wurde als ihr Geburtstag eingetragen. Sie konnte damals schon laufen. Jetzt weis ich, dass der Vietnamkrieg auch als 2. Indochinakrieg bezeichnet wurde. Für das Mädchen aus dem ländlichen Isaan im Nordosten Thailands war es ein Weltkrieg.

Sie kam während der letzten Kriegsjahre an der Grenze von Kambodscha zur Welt. Was sie da als kleines Kind erlebte, hat mein anfängliches Schmunzeln dann erstarren lassen: sie war noch nicht in der Schule, da hatte sie schon blutverschmierte Verletzte und Verstümmelte gesehen, die über die Grenze nach Thailand gebracht wurden. Und sie erinnert sich an ihr Schreien. Sie konnte auch das Explodieren der Bomben hören, welche die amerikanischen Piloten im Kampfgebiet nicht gebraucht hatten und die sie vor dem Überfliegen der Grenze von Kambodscha nach Thailand abwerfen mussten.

Die Piloten der Air-Force waren von ihrem Luftwaffen-Stützpunkt in der Stadt der Engel zu ihrer todbringenden Mission gestartet, um für die  Menschen in Indochina die Freiheit zu erkämpfen. Bevor sie wieder eine Landeerlaubnis bekamen, mussten sie ihre gefährliche Fracht los werden. Oft nahmen die Piloten dabei kleine ländliche Dörfer ins Visier um ihre Zielsicherheit zu trainieren. Währenddessen tanzten ihre GI-Kameraden in den Beer-Bars von Bangkok, der Stadt der Engel, mit mandeläugigen Mädchen. Und John Lennon singt aus der Jukebox: „Imagine: nothing to kill or die for!“

Toi  erinnert sich, dass sie mit einer Freundin neben den Ruinen von Phanom Rung, einer uralten Tempelanlage aus der Zeit der Khmer, in einem Reisfeld spielte. Als Bomben fielen, sahen sie Splitter durch die Luft fliegen. Sie duckten sich in einen ausgetrockneten Bewässerungsgraben.

Dabei muss ich an eine Schilderung meiner Eltern denken. Sie hatten sich nach der Flucht in einem deutschen Flüchtlingslager kennengelernt. Der 8. Mai 45 war schon Vergangenheit. Bei einem gemeinsamen Sonntagsspaziergang flog ein Sportflugzeug über sie hinweg, als mein Vater nach Deckung suchend schreiend in den Straßengraben sprang.

Thailand ist stolz auf seine Neutralität während des Vietnam-Kriegs. König Bumiphol hatte während seines Studiums in der Schweiz ein Land kennengelernt, das ihm ein Vorbild wurde in Sachen Neutralität und Nichteinmischung während des 2. Weltkriegs. Viele schutzsuchende Juden wurden von deutschen Rassisten getötet, weil die Schweiz die Türen vor ihnen verschlossen hielt.

Heute schottet sich Deutschland vor Flüchtlingen ab, weil alle die über einen Drittstaat einreisen nach der entsprechenden Grundgesetz-Änderung in Deutschland kein Asylrecht haben. Wie praktisch ist es doch, dass Deutschland von Drittstaaten umgeben ist.

Ein Ohrwurm verbreitet sich auf der ganzen Welt und geht in alle Köpfe: „Imagine: no more countries!“ Doch die Köpfe sind resistent.

Heute führt Amerika seine Befreiungskriege gegen den Terror der Schurkenstaaten dieser Welt von Ramstein in Deutschland aus. Die Gis lenken, unbeteiligt wie bei einem Computerspiel, bei einer Coke oder einem Latte Macchiato eine Drohne per Joystick zum Gegner. Soviel zum Thema „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“.

Toi und viele andere in vielen Gegenden dieser Welt haben schon als Kinder Menschen eines gewaltsamen Todes sterben sehen. Mein erster Sohn wurde am Jahrestag des Kriegsendes geboren. Letztens fragte mich mein jüngerer Sohn, ob ich das Lied „Imagine“ kenne. Es ist sein Lieblingslied. Beide tragen den Namen „Frieden“. Bis die Hoffnung stirbt, werden Kriege noch weitere Tote fordern.



Nachruf auf eine Freundschaft


Ich habe mich nie leicht damit getan, Menschen mit denen ich gemeinsame Ziele verfolge und Zeit zusammen verbringe deswegen schon als meine Freunde zu bezeichnen. Im Gegenteil, kann ich die Freunde in meinem Leben an weniger als einer Hand abzählen.
Aber soziale Netzwerke wie Facebook & Co. haben einen inflationären Gebrauch der Worte „Freund“ und „Freundschaft“ gesellschaftsfähig gemacht.

Nach langjähriger Teilnahme am virtuellen Leben des jeweils anderen, hat sich nun einer von meinen fast neunzig Freunden auf Facebook wortlos verabschiedet.
Er hatte einen Artikel aus einer Tageszeitung kommentiert. Und ich verfolgte die Diskussion dieses Threads. Zwei Kommentare von mir reichten ihm, um mich für seine „Freunde“ und Mitleser mundtot zu machen. Die schöne neue digitale Welt erleichtert uns ja den Umgang mit Freunden: ein Mausklick – und das Problem ist gelöst. Bei Facebook heißt das: jemanden aus der Freundes-Liste entfernen.

Dabei hat er zu meinen geposteten Kommentaren seinerseits vorher noch nicht mal Stellung bezogen. Ich vermute, dass er bezüglich der darin enthaltenen Kritik die Öffentlichkeit seiner Follower und Freunde scheut. Dann fände ich es nachvollziehbar, wenn er diesen – für ihn unangenehmen – Teil des Threads gelöscht hätte. Eine Zensur auf seinem Facebook-Konto steht ihm zu.

Zumindest hat er mir die Möglichkeit genommen, zu sehen, wie er öffentlich auf meine Kommentare reagiert: hat er sie gelöscht oder hat er sie seinerseits auf eine Weise kommentiert, die ich nicht sehen soll?

Ich weis es nicht.


Die Fähigkeit Kritik anzunehmen ist bei jedem unterschiedlich ausgeprägt. Aber wenn einem eine sachliche Kritik zu nahe geht, in der Tatsachenschilderungen und Fakten gefordert werden, statt leerer Behauptungen und unterschwelliger Unterstellungen, Totschlag-Argumente wie „Die Mobber scheinen die Sache jetzt zu bestimmen“ aus der Trickkiste der Rethorik zu holen und in die Öffentlichkeit des Internet zu stellen, geht mir zu weit.
Es ist erst wenige Monate her, dass dieser „Freund“ gemeinsame Bekannte als „Rassist“ und „Sexist“ bezeichnet hat. Er hat nie definiert wie er diese Begriffe meint. Und Fakten wie beschreibbare Verhaltensweisen oder Zitate, die seine stigmatisierenden Äußerungen hätten begründen und damit rechtfertigen können, hat er auch nicht geliefert.
In der Vergangenheit hatte ich meinen Facebook-Freund oft gebeten, seine geäußerten Behauptungen auch zu belegen und Tatsachen zu beschreiben, anstatt Behauptungen mit weiteren Behauptungen zu begründen, Gerüchte zu verbreiten und bewusst oder unbewusst Desinformation zu betreiben wie in seinen Posts zu dem Artikel über das Ende einer kommunalpolitischen Fraktion:
„Über die genauen Hintergründe und die nicht unwesentliche Rolle des kürzlich neugewählten Kreisvorstands der Partei wird wild spekuliert“, hatte er gepostet.

„Wer spekuliert wild?“ war meine Frage darauf: „Und wenn du diese Rolle sogar als „nicht unwesentlich“ bezeichnen kannst, frage ich mich, ob du dieser Spekulation den Anschein der Wahrheit geben willst. Was ist denn das nicht Unwesentliche?“

„Die Mobber scheinen die Sache jetzt zu bestimmen“ und „Was man so hört ist das noch nicht das Ende des Konflikts“, …

„Was man so hört … – ich glaube du probierst ein neues Rezept in Deiner Gerüchteküche!? Zu einem zivilisierten und solidarischen Umgang hast du mit solchen Aussagen jedenfalls nicht beigetragen“, war meine Antwort.
„Wenn Du Deine diffusen Andeutungen und Behauptungen nicht konkretisieren kannst oder das aus anderen Gründen nicht tust, frage ich mich, was Du aus welchen Gründen bezweckst?“ hatte ich ihn wenige Wochen zuvor schon einmal gefragt: „Nur durch Deine ständigen Wiederholungen derselben Behauptung gewinnt diese Behauptung nicht an Wahrheitsgehalt! Versuchst Du bewusst Verwirrung zu stiften?! Schade: eine Zusammenarbeit wäre ohne deine Sticheleien viel einfacher!“
„Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass man Konflikte und Meinungsverschiedenheiten auf demokratische und zivilisierte Art löst und zu einer solidarischen Lösung kommt“, schreibt er in seinem Eingangs-Post zu dem Artikel aus der Tageszeitung.
Solange man sich solcher Kommunikations-Sperren wie unkonkrete Unterstellungen, diffuse Beschuldigungen, Gerüchte usw. bedient, bleibt eine solche Forderung Wunschdenken oder sie ist Heuchelei.

In Freundschaften gilt was der Kommunikations-Psychologe Paul Watzlawick über menschliche Beziehungen allgemein sagte: „Kommunikation hat zwei Aspekte: einen digitalen/inhaltlichen und einen analogen/beziehungsmässigen, wobei letzterer den ersteren genauer bestimmt“.
In der Welt der nicht mehr ganz so neuen Medien und sozialen Netzwerke lassen wir unsere Kommunikation allzu oft auf die digitalen Wahrheiten von 1 und 0, auf die einfachen Wahrheiten des Entweder-Oder, auf eine schwarz-weiße Weltsicht beschränken. Dabei verlieren wir die Fähigkeit, analoge Botschaften der Stimme zu hören oder den Ausdruck der Augen zu beobachten.
Die elektronische Informationstechnologie macht es uns leicht: es gibt nur Kombinationen aus zwei Möglichkeiten: 1 oder 0, fließt der Strom? Ja oder nein!
Demgegenüber sind zwischenmenschliche Beziehungen wie Freundschaften vielschichtiger, komplizierter und anstrengender.
Beziehungsarbeit außerhalb von Paar-Therapie-Sitzungen oder Supervisions-Gruppen ist out. In politischen Parteien und Fraktionen war sie noch nie in.
Dank des Fortschritts in der Informationstechnologie werden im digitalen Zeitalter Freundschaften und andere Beziehungen neu definiert:
Freundschaftsanfrage bestätigen? Ja oder nein? Die Entscheidung fällt per Mausklick.
X als Freund entfernen? Ja oder nein?
„Die Mathematik und der Tod haben noch nie geirrt.“ (Jewgenij Samjatin)

PETER TSCHORNY

Psychotherapie (HeilprG)

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